Dieser Beitrag erklärt einige der wichtigsten Tricks und Techniken des kreativen Schreibens, die besonders für Prosa-Texte geeignet sind:
- Streichen, streichen, streichen
- Show, don’t tell!
- Überflüssige Details hinzufügen
- Die Spitze des Eisbergs erzählen
- In Bewegung bleiben
- Phrasen und Klischees meiden
- Alle müssen etwas wollen
- Die eigene Stimme der Figuren
- Spannung halten
- Den Leser überraschen
- Alle Regeln brechen
1. Streichen, streichen, streichen
Die Technik, die oft unterschätzt wird und deshalb den ersten Platz in dieser Liste verdient, ist das Streichen. Wir müssen alles Geschriebene am Ende kritisch lesen und es um die Wörter und Abschnitte kürzen, die überflüssig sind. Dieser Rat klingt besonders dann paradox, wenn man vom eigenen Können einigermaßen überzeugt ist oder den Fortschritt des eigenen Schreibens an der Anzahl der schon getippten Seiten abliest. Warum sollte ich etwas wieder löschen, was ich mühsam geschrieben habe? Es ist verführerisch, stattdessen an den perfekten Text zu glauben, den wir wie durch eine Eingebung auf anhieb in seiner bestmöglichen Form niedergeschrieben haben und der daher nicht mehr bearbeitet werden muss, geschweige denn gekürzt.
Ein Blick in die handschriftlichen Originalmanuskripte berühmter Romane genügt, um zu sehen, dass es solche genialen Erstversuche nicht gibt. Da gibt wimmelt es vor an den Rand und zwischen die Zeilen gekrizelten Einschüben und ganze Absätze und Seiten sind rücksichtslos durchgestrichen. Die mühsame Nachbearbeitung gehört offenbar immer zum Schreibprozess dazu und das Streichen ist ihr wichtigstes Mittel. Auf Stephen King geht die Faustregel zurück, dass immer mindestens zehn Prozent des Textes wieder weg müssen.
Dieses Prinzip macht vollkommen Sinn, wenn man das Schreiben mit der Arbeit eines Künstlers vergleicht, der aus Lehm eine Skulptur formt. Auch er fügt zuerst Material hinzu, bis die Skulptur ungefähr die beabsichtigte Form angenommen hat, und schabt dann, wenn es um die richtigen Proportionen und um die Details geht, wieder Lehm von ihr ab. Marcel Proust hat Romane mit den Salons verglichen hat, in denen zu seiner Zeit die höhere Gesellschaft zusammenkam. Der gute Salon, in dem man gerne zu Gast war, bestand aus der richtigen Mischung interessanter Zeitgenossen. Insbesondere konnte man sich dort sicher sein, die üblichen Schwätzer und Langweiler nicht anzutreffen. Diese Leute fernzuhalten war laut Proust die wichtigste Aufgabe der Gastgeber, und es ist die gastgeberische Pflicht des Autors ist, das Langweilige und Geschwätzige aus dem Text herauszustreichen, bevor man sich Leser einlädt.
Was genau soll also gestrichen werden? Viele Autoren sind sich einig, dass Abschnitte, Szenen und Episoden überflüssig sind, wenn Sie weder die Handlung vorantreiben, noch zur Entwicklung oder zum besseren Kennenlernen der Figuren beitragen. Jeder Abschnitt oder sogar jeder Satz sollte dahingehend hinterfragt werden, ob er wenigstens eine dieser Funktionen erfüllt. Das Streichen einzelner Wörter ist nützt dagegen einem besseren Stil. Hier sind vor allem typische Füllwörter im Visier: also, irgendwie, sozusagen, gewissermaßen, sowieso, natürlich. Jedes von Ihnen kann an der richtigen Stelle einen Zweck haben, und sei es nur, dem Text bewusst eine umgangssprachliche Note zu geben, aber oft rutschen sie aus Gewohnheit hinein und verwässern den Text unnötig.
Ein Sünde, die mir oft passiert, sind umständliche Beschreibungen und insbesondere zu viele Adjektive. Eine meiner Figuren hatte zum Beispiel einmal „zu schmalen Schlitzen zusammengekniffene Augen“. Es hätte genügt, die Augen entweder als schmal, oder als Schlitze oder als zusammengekniffen zu beschreiben, nicht aber diese dreifache Ladung. Ich bin überzeugt, dass es viele Texte gibt, die allein durch das Streichen von Adjektiven erheblich verbessert werden können.
Den radikalsten Rat zum Thema Streichen habe ich in Sol Steins Buch „Über das Schreiben“ gefunden. Der Bestseller-Lektor Stein schlägt hier vor, in einem fertigen Roman das schwächste Kapitel ausfindig zu machen und es vollständig und ersatzlos zu streichen. Laut Stein ist das meistens eine Verbesserung und der Text bleibt verständlich, weil die schwachen Kapitel typischerweise für die Handlung und die Figuren keine Funktion haben.
2. Show, don’t tell
In einem Manuskript für einen Krimi habe ich mal auf der ersten Seite geschrieben, dass der Kommissar „seiner Arbeit nachgeht“ und dabei „müde wirkt“. An einer anderen Stelle im Text, hätten solche Formulierungen vielleicht ihren Zweck erfüllt, aber hier wollte ich eigentlich mit einer packenden Szene einsteigen und den Hauptfiguren Leben einhauchen. Mit meinen vagen Formulierungen mache ich aber den Fehler, nicht genau zu beschreiben, wie man den Kommissar in diesem Moment sehen würde, wenn man mit ihm am Tatort stünde, sondern nur eine Art Zusammenfassung. Wodurch wirkt er müde? Was bedeutet es konkret, dass er seiner Arbeit nachgeht?
Es ist so, als ob ich dem Schauspieler, der im Kopf des Lesers den Kommissar spielt, eine ungenaue Regieanweisung gebe. Ich sage, er soll müde wirken, und wenn er damit nichts anzufangen weiß, bleibt er schemenhaft oder schlimmstenfalls unsichtbar. „Show, don’t tell“ bedeutet, zu zeigen, was zu sehen ist. Die Haltung, der Gang, die Schultern, die geröteten Augen. Wir behaupten nicht die Müdigkeit, sondern zeigen sie. In Arno Geigers Roman „Unter der Drachenwand“ gibt es am Anfang einen Arzt, der fünf Streichhölzer verbraucht, um sich eine Zigarette anzuzünden, und mit gesenktem Kopf kurze Satzfetzen stammelt, bis eine Schwester ihm die Streichhölzer aus der Hand nimmt und er davontaumelt. Hier sehen wir den Mann und seine Müdigkeit vor uns.
Diese Art von Beschreibung eignet sich für Szenen, die in Echtzeit vergehen und in denen die Handlung unmittelbar miterlebt werden soll. Das Prinzip „Show, don’t tell“ betrifft aber auch Stellen, an denen ein Zeitsprung oder eine langfristige Entwicklung stattfindet. Zum Beispiel ist auch der Satz „Mit den Jahren war aus dem Professor ein echtes Scheusal geworden“ eine Behauptung, unter der man sich noch nichts vorstellt. Woran sieht man, dass er ein Scheusal geworden ist? Was wäre in einem Film zu sehen? Wenn wir zeigen, dass der Professor seine Sekretärin anschnauzt, seine Mitarbeiter ausnutzt, Kollegen betrügt und seine Frau anlügt, ergibt sich das Urteil von selbst und steht nicht mehr nur als eine vage Behauptung des Erzählers im Raum, von der man nicht wüsste, warum man sie glauben soll.
3. Überflüssige Details hinzufügen
Wir tendieren dazu, Geschichten für wahr zu halten, wenn sie uns mit einer ausreichenden Menge an Detail erzählt werden. Das wird besonders in Situationen deutlich, in denen wir jemanden von einer Tatsache überzeugen müssen, die im ersten Moment absurd klingt. Angenommen ich bin auf einer Geburtstagsparty der einzige Gast ohne Geschenk, weil es mir auf dem Weg zur Party gestohlen wurde. Wenn ich dem Gastgeber nur sage: „Tut mir leid, es wurde mir auf dem weg hierher aus der Hand gerissen“, dann ist das zwar eigentlich alles, was er darüber wissen muss, aber es klingt nach einer Ausrede, die mir in diesem Moment eingefallen ist.
Um glaubwürdig zu sein, sollte ich Details hinzufügen, die meinem Zuhörer dabei helfen, sich vorzustellen, wie die Sache genau passiert ist. Die Art dieser Details spielt eine wichtige Rolle. Wenn ich mich darauf beschränke zu sagen, dass der Dieb sehr schnell gelaufen ist und sofort außer Reichweite war, dann passt das allzu gut zu dem, wovon ich den Gastgeber offensichtlich überzeugen will, nämlich, dass ich nichts tun konnte und es nicht meine Schuld ist, ohne Geschenk aufzutauchen. Die Sache klingt immer noch erfunden. Erst wenn ich „überflüssige“ Details ergänze, die für meine Unschuldsbehauptung keine Rolle spielen, nämlich, dass der Dieb rote Haare hatte, wahrscheinlich noch keine fünfzehn Jahre alt war, mich an der Bushaltestelle erst von hinten angerempelt und mir dann das Paket mit einer ruckartigen Bewegung von unten aus der Hand geschlagen hat, bevor er mit drei anderen Jungs, die alle noch kleiner waren als er, lachend weggerannt ist, dann nimmt die Geschichte im Kopf des enttäuschten Geburtstagskindes langsam Gestalt an und vielleicht glaubt er sie sogar.
Das ganze Leben besteht aus Details, und unsere Wahrnehmung beschränkt sich zum Glück nicht nur auf diejenigen, die für uns wichtig sind. Jedes Bild und jede Situation besteht immer auch aus kleinen Überflüssigkeiten. Eine gute Erzählung sollte das abbilden. Es genügt nicht, nur Tschechows berühmtes Gewehr zu zeigen, das im ersten Akt an der Wand hängt, weil im letzten jemand damit erschossen wird. Die Erzählung muss sich auch Zeit für Details nehmen, deren einzige Funktion es ist, den Eindruck von Realität zu erzeugen. In „Die Kunst des Erzählens“ zeigt James Wood an einer Fülle von Beispielen, welche wichtige Rolle die unscheinbaren Details in den größten Werken der Weltliteratur spielen. Autoren wie Flaubert und Nabokov waren Meister des Details und steigerten sich mit ihrer Realitätsbesessenheit auch in das Extrem der zu genauen Beschreibungen hinein. Genau die richtige Auswahl an Details einzustreuen und sie treffend zu beschreiben ist eine Kunst, die jede Erzählung enorm aufwerten kann.
4. Die Spitze des Eisbergs erzählen
Aus Ernest Hemingways Essay „Tod am Nachmittag“ („Death in the Afternoon“) stammt die folgende Faustregel:
„Wenn ein Prosaschriftsteller genug davon versteht, worüber er schreibt, so soll er aussparen, was ihm klar ist. Wenn der Schriftsteller nur aufrichtig genug schreibt, wird der Leser das Ausgelassene genauso stark empfinden, als hätte der Autor es zu Papier gebracht. Ein Eisberg bewegt sich darum so anmutig, da sich nur ein Achtel von ihm über Wasser befindet.“
Hemingway spricht hier zwei verschiedene Punkte an. Erstens kann eine Andeutung effektvoller sein, als eine direkte Beschreibung. Ein klassisches Beispiel ist das Ende von Thomas Manns „Buddenbrooks“ (Spoiler-Alarm): Dass Hanno am Typhus erkrankt und an dieser Krankheit stirbt, wird von keiner der Figuren des Romans erwähnt und selbst der Erzähler spricht es nicht aus. Das berühmte vorletzte Kapitel schildert nur mit medizinischer Sachlichkeit den typischen Verlauf der Krankheit und überlässt es der Ergänzung durch den Leser, dass Hanno ihr erliegt. Indem der Erzähler sich seinen Figuren in ihrer Sprachlosigkeit anschließt, wirkt ihre Erschütterung über Hannos Tod umso stärker.
Hemingways zweiter Punkt ist, dass wir das, was wir weglassen, aber umso genauer kennen müssen. Gerade wenn wir nur die Spitze zeigen, sollten wir uns dennoch den gesamten Eisberg ausgedacht haben. Ich denke, dass diese Regel insbesondere auf die wichtigsten Figuren zutrifft. Wir sollten mehr über sie wissen, als in der Erzählung zur Sprache kommt. Ein beeindruckendes Beispiel ist die Kurzgeschichte „Ein perfekter Tag für Bananenfische“ („A Perfect Day for Bananafish“) von Jerome D. Salinger. Der Protagonist Seymour Glass macht einen Strandurlaub mit seiner Verlobten. Während er sich am Strand mit einem fünfjährigen Mädchen unterhält, das dort im Sand spielt, telefoniert seine Verlobte in ihrem Hotelzimmer mit ihrer Mutter. Seymour kommt später ebenfalls in das Hotelzimmer zurück und die Geschichte endet damit, dass er sich eine Kugel in den Kopf schießt.
Dieses Ende ist für den Leser und auch für Seymours Verlobte vollkommen überraschend, aber die Mutter der Verlobten hatte etwas geahnt und ihre Tochter am Telefon gewarnt. Von ihr erfahren wir, dass Seymour möglicherweise zu früh aus einem Militärkrankenhaus entlassen wurde und sich seitdem merkwürdig verhält. Die Verlobte spielt das herunter und schweift in völlig banale Themen ab. Was in Seymour vorging wusste sie offenbar genau so wenig wie wir. Uns wird nur der Kontrast zwischen seinem freundschaftlichen Gespräch mit dem kleinen Mädchen am Strand, mit dem er sich offensichtlich auf einer Wellenlänge fühlt, und dem belanglosen Geplapper seiner Verlobten am Telefon vor Augen geführt.
Salingers Biographie verrät, was mit Seymour los ist. Salinger kämpfte als Soldat im Zweiten Weltkrieg, überlebte einige der grausamsten Schlachten des Krieges und war am Ende an der Befreiung eines Konzentrationslagers beteiligt. Kurz danach begab er sich auf eigenen Wunsch zur Erholung in ein Militärkrankenhaus in Nürnberg, aber er wurde diese traumatischen Erlebnisse nicht mehr los. Als er in die USA zurückkehrte, wurde er mit der dortigen Normalität nicht fertig. Das New Yorker Gesellschaftsleben, das er vor dem Krieg noch genossen hatte, empfand er nun als abstoßend. Er zog sich auf einen einsamen Landsitz zurück und mied jede Öffentlichkeit. Obwohl die schrecklichen Kriegserlebnisse sein Leben vollkommen veränderten, werden sie in seiner Literatur nie direkt erwähnt. Sie sind der untere Teil des Eisbergs. Die Figur Seymour bleibt für den Leser der Kurzgeschichte rätselhaft, aber die Geschichte profitiert davon, dass eine voll ausgereifte, reale Person hinter dieser Figur steckt, nämlich Salinger selbst.
5. In Bewegung bleiben
Ein typischer Fehler ist Stillstand an der falschen Stelle. Zum Beispiel beginnen manche Autoren ihre Erzählung damit, dass sie eine der Figuren ein Foto betrachten lassen, auf dem alle wichtigen Personen der Geschichte zu sehen sind. Beim Sinnieren über dem Gruppenbild gehen dem Betrachter zu jeder Figur ein paar Gedanken durch den Kopf und schon hat man sie alle auf einen Schlag dem Leser vorgestellt. Eine solche Szene verstößt aber nicht nur gegen das Prinzip „Show, don’t tell“, sondern ist vor allem vollkommen statisch. Jemand starrt ein Foto an und sonst passiert nichts.
Besser ist es, die Figuren in Aktion einzuführen während die Handlung sich in Gang setzt. Es ist nicht nötig, schon alles über die Figuren zu wissen, bevor es losgeht. Wenn wir Menschen kennenlernen, erhalten wir im Normalfall auch nicht vorher ein ausführliches Dossier, sondern wir lernen sie kennen, während sie in einer konkreten Situation agieren. Auch im weiteren Verlauf der Geschichte ist es sinnvoll darauf zu achten, ob die Handlung und die einzelnen Figuren aktiv sind. Beschreiben wir noch eine Bewegung oder nur einen statischen Zustand? Sind die Figuren aktiv oder passiv?
Der Unterschied kann subtil sein und von einzelnen Formulierungen abhängen. In „Der Professor erfuhr am Nachmittag von der Katastrophe“ ist die Figur passiv. Anscheinend haben wir keine andere Wahl, denn wir wollen mit dieser Formulierung eben einen Vorgang mitteilen, in dem der Professor nicht der Akteur ist. Er erfährt nur etwas. In Wirklichkeit sind wir aber selten wirklich passiv. Selbst wenn wir still auf einem Stuhl sitzen und jemandem zuhören, sind wir eigentlich ständig in Aktion, und sei es nur durch Blicke, Körperspannung oder die Unruhe unserer Gedanken. Auch der Professor steht vielleicht nicht reglos herum, sondern kämpft mit der kaputten Kaffeemaschine oder hastet ins nächste Meeting, als er von der Katastrophe erfährt. Statt den Vorgang passivisch zu formulieren, können wir außerdem den Überbringer der Nachricht zeigen. Eine weitere Möglichkeit ist schließlich, sich gar nicht erst mit dem Übermitteln der Nachricht aufzuhalten, sondern direkt die Reaktion des Professors zu zeigen. Wir haben also immer mehrere Möglichkeiten, einen Vorgang zu beschreiben, und oft ist die Darstellung, die Aktivität und Bewegung erzeugt, die bessere.
Das perfekte Beispiel für eine dynamische Erzählung, in der Handlung und Akteure ständig in Bewegung sind, ist Heinrich von Kleists Novelle „Michael Kohlhaas“. Kleist beschreibt nicht erst Wohnsitz und Gestüt des Pferdehändlers, um den es in dieser Geschichte geht, oder seine Familienverhältnisse und Gewohnheiten, sondern schickt ihn sofort auf Geschäftsreise. Wir lernen ihn unterwegs kennen und auch alles, was wir über die Umgebung oder das Wetter wissen müssen, erfahren wir nebenbei, während die Handlung ununterbrochen in Bewegung bleibt.
Kleists Novelle ist ein Extremfall. In einem Roman haben wir manchmal gute Gründe, die Handlung abzubremsen und mit der Beschreibung einer Landschaft oder eines Gebäudes zum Stillstand zu bringen. Die Gefahr besteht aber, dass wir es unbeabsichtigt auch dort tun, wo Bewegung besser wäre. Es lohnt sich, ein Auge darauf zu haben, ob unsere Formulierungen Bewegung oder Stillstand erzeugen.
6. Phrasen und Klischees meiden
Ein guter Erzählstil klingt weder gekünstelt noch plump. Im Idealfall erfüllt er seinen Zweck so gut, dass er hinter dem Erzählten zurücktritt und selbst gar nicht auffällt. Den richtigen Ton zu treffen ist eine Balance zwischen übermäßig originellen und einfallslosen Formulierungen. Eine exaltierte Kunstsprache, die zwanghaft ungewöhnlich sein will und in jedem Satz fünf Geistesblitze unterbringt, kann die Erzählung ausbremsen und dem Leser auf die Nerven gehen. Das andere, genau so schädliche Extrem ist eine Sprache, die auf jeden Einfall verzichtet und sich immer der erstbesten, plattesten Formulierung bedient.
Phrasen und Redewendung sind die auffälligsten Erkennungszeichen eines gedankenlosen Stils. Einen Roman, in dem ohne Ironie der Satz auftaucht: „Hier lag der Hase im Pfeffer“, würde ich nicht weiterlesen wollen. Der Autor gibt hier zu verstehen, dass er sich ohne Bedenken bei den üblichen ausgelutschten Sprachbildern bedient und sich nicht die Mühe macht, die Dinge auf seine eigene Weise auszudrücken. Unsere Alltagssprache ist verpestet von unzähligen solcher nachgeplapperter Phrasen: „der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte“, „das Pfeifen im Walde“, „einen Bärendienst erweisen“, „über das Ziel hinausschießen“, „sich in die Nesseln setzen“, „den Bock zum Gärtner machen“ und so weiter. Im alltäglichen Gespräch und in journalistischen Texten erfüllen diese blind kopierten Sprachbausteine ihren Zweck, aber im literarischen Text entlarven sie den Autor, der sich keine Mühe gibt. Es ist als ob man einem Gemälde ansieht, dass der Maler eine Schablone benutzt hat.
Auch wenn man es schafft, diese Sünden zu vermeiden, sind es oft auch kleinere Texteinheiten, wie etwa Vergleiche oder bestimmte Adjektive, die ein Klischee darstellen und den Eindruck von sprachlicher Ungenauigkeit oder Fahrlässigkeit erzeugen. Die Gefahr lauert immer in den Formulierungen, die wir nicht benutzen, weil sie gut passen, sondern weil wir uns an sie gewöhnt haben. Wenn wir eine Ungerechtigkeit ausgerechnet als „schreiend“ bezeichnen, dann gibt es dafür keinen anderen Grund, als dass wir diese Wortkombination schon tausendmal gehört haben. Auch wenn unsere Stürme tosen und unsere Sterne funkeln, plappern wir das wahrscheinlich nur nach, denn normalerweise tost und funkelt es in einem modernen Wortschatz eher selten. Und eine sehr dünne Person mit einer Bohnenstange zu vergleichen ist selbst für Hobbygärtner nicht akzeptabel. (Besser hat es Heinrich Heine formuliert: In seiner „Harzreise“ ist ein Schneidergesell „so dünn, daß die Sterne durchschimmern konnten“.)
Es gilt aber nicht nur sprachliche Klischees zu vermeiden. Auch die Figuren der Erzählung sind in Gefahr, nur Kopien gängiger Schablonen zu sein. Die junge Erfolgsanwältin, die schon im Studium die Beste ihres Jahrgangs war, der skrupellose Manager mit Rolex und Ferrari, der ohne mit der Wimper zu zucken (noch so eine Phrase!) 500 Arbeitsplätze vernichtet, der blasse Computer-Nerd, der im Keller seiner Eltern sitz und sich ins Pentagon reinhackt, und so weiter. Um stattdessen realistische Figuren zu erhalten, bedienen viele Autoren sich mit Erfolg – bewusst oder unbewusst – bei realen Vorbildern. Marcel Proust zum Beispiel hat zugegeben, dass er die wichtigen Figuren in „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ je aus mehreren realen Personen zusammengesetzt hat, indem er sich Charakterzüge, Verhaltensweisen und sogar einzelne Gesten aus seinem Bekanntenkreis zusammensuchte und mit einander kombinierte. (Proust-Experten haben diese Verbindungen zwischen seinen Romanfiguren und realen Persönlichkeiten später genau untersucht, zum Beispiel in William Howard Adams‘ Buch „Prousts Figuren und ihre Vorbilder“.)
7. Alle müssen etwas wollen
Um realistische Figuren zu kreieren, deren Geschichte man als Leser verfolgen will, gilt die Faustregel, dass alle wichtigen Charaktere etwas wollen müssen. Es genügt nicht, dass sie einfach nur da sind und vor sich hin leben. Sie müssen eine Sehnsucht haben, oder wenigstens ein halbwegs bewusstes Ziel. Sie müssen durch etwas angetrieben sein. Selbst wenn wir als Leser davon zunächst nichts wissen, weil dieser geheime Wunsch vielleicht im verborgenen Teil des Eisbergs liegt, hält er trotzdem die Handlung und die Figur in Bewegung.
Ein berühmtes Beispiel ist der „große Gatsby“. Wir ahnen es lange nicht, aber er will mit allem, was er veranstaltet, seine Daisy beeindrucken, und dieser Wille hält den Roman in Bewegung. In Cormac McCarthys Roman „Die Straße“ sind ein Vater und sein Sohn zu Fuß unterwegs durch eine post-apokalyptische Landschaft, in der es kein Leben mehr gibt. Sie wollen nach Süden, an die Küste, und obwohl sie keine Ahnung haben, warum sie das eigentlich wollen und ob es dort für sie besser ist, wünscht man ihnen, dass sie es schaffen. In „Michael Kohlhaas“ wissen wir als Leser sogar, dass die Sehnsucht nach Rache schlecht für den Pferdehändler ist. Wir müssten ihm eigentlich dazu raten, diesen Wunsch nicht weiter zu verfolgen, aber Kohlhaas, der sich nicht einmal durch Martin Luther zur Vernunft bringen lässt, wird von diesem Drang immer weiter getrieben und reißt den Leser mit. Wenn ein so klarer und dringender Wunsch der Figuren gut in die Geschichte eingebunden ist und die Handlung in Bewegung hält, ist es fast unmöglich, das Buch einfach wieder wegzulegen. Was den Figuren wichtig ist, mit denen wir mitfühlen, kann auch uns nicht mehr egal sein.
8. Die eigene Stimme der Figuren
Gerade den Autoren, die sehr großen Wert auf Sprache und Stil legen, passiert es manchmal, dass alle ihre Figuren im gehobenen literarischen Stil sprechen, obwohl es nicht zu ihrem persönlichen Hintergrund passt. Wenn alle Figuren sich beim sprechen so anhören wie der Autor, dann ist etwas schief gegangen. Um zum Leben zu erwachen, braucht die Figur eine eigene Stimme. Es ist nicht nötig, dass sie auffällige Macken hat oder in sprachliche Extreme verfällt. Es genügt, wenn sie zu gewissen Sprechweisen neigt, vielleicht eher zu längeren Sätzen oder zu ganz kurzen, oder wenn sie gewisse Eigenheiten hat, die nur manchmal zum Vorschein kommen.
Es gibt zum Beispiel Leute, die uns manchmal mit „Hallöchen“ begrüßen und eine Geschichte, die wir erzählen, „krass“ finden würden, und es gibt andere, denen diese Wörter nie über die Lippen kämen. Allein die Wortwahl bietet endlose Möglichkeiten, eine Figur zu charakterisieren. Aber auch der Rhythmus der Sätze, die Höhe, Schnelligkeit und Lebhaftigkeit der Stimme sagen etwas über sie aus, und insbesondere natürlich die Auswahl dessen, was gesagt wird. Ist es ein Mensch, der jedes Problem offen anspricht, oder jemand, der sich gerne in Rätseln ausdrückt? Kommt die Person schnell auf den Punkt, oder quatscht sie uns voll? Artikuliert sie sich vorsichtig und diplomatisch oder eher rücksichtslos? Die Sprechweise einer Figur gehört zu den Details, die wir hinzufügen, ohne dass sie unbedingt eine Rolle für den Plot spielen müssen. Sie erzeugen Realität.
Im Sinne der obigen Regeln, dass die Figur einen Willen haben muss, aber wir andererseits vielleicht nur die Spitze des Eisbergs erzählen, kann es sehr effektvoll sein, wenn wörtliche Rede das Motiv der Figur durch ihre Sprechweise aber nicht durch den Inhalt verrät. Beides kann sogar im Widerspruch zu einander stehen, wenn eine Figur ihre wahren Absichten leugnet, aber man ihr anhört, was in ihr vorgeht. Es gehört zu der Realität unserer Kommunikation und zu den Dialogen vieler guter Romane, dass das Gesagte oft dazu da ist, die Wahrheit zu verschleiern oder sie jedenfalls nicht sofort zu enthüllen, sondern beim jeweiligen Gesprächspartner einen bestimmten Eindruck zu hinterlassen.
Es gibt was die Sprechweise der Figuren betrifft noch einen eleganten Trick, um eine Figur indirekt zu charakterisieren und eine besondere Nähe zu ihr herzustellen. Als Alternative zur wörtlichen Rede wird hier das Sprechen oder Denken der Figur vorübergehend auf einen neutralen Erzähler übertragen. „Als der Professor in das Vorzimmer stürmte, lungerten hier schon seine beiden Anwälte herum. Was wollten diese Halsabschneider schon wieder?“ Der zweite dieser beiden Sätze könnte in Anführungszeichen gesetzt und mit einem „dachte der Professor“ ergänzt werden, aber stattdessen übernimmt der Erzähler den Satz und imitiert die Stimme des Professors. Aus der Sicht des Erzählers gibt es vielleicht keinen Grund, die Anwälte in einem negativen Licht erscheinen zu lassen, und auch den altmodischen Begriff „Halsabschneider“ würde er nicht verwenden. Meinung und Wortwahl stammen direkt vom Professor. Indem wir sie gemeinsam mit dem Erzähler einen Moment lang übernehmen, sehen wir die Situation kurz aus seiner Perspektive.
9. Spannung halten
Wenn Figuren etwas wollen, entsteht automatisch Spannung. Die eigentliche Kunst besteht dann darin, die Spannung über weite Strecken zu erhalten und zu erneuern. Dazu gehört, den Figuren nicht die schnelle Erfüllung ihrer Wünsche und die Auflösung ihrer Konflikte zu gönnen. In Cormac McCarthys „Die Straße“ sind der Vater und sein Sohn sehr lange unterwegs, bevor sie im „Süden“ ankommen. Der Pferdehändler Michael Kohlhaas macht eine Menge durch, bevor er die Burg seines Erzfeindes Wenzel von Tronka niederbrennen darf, und selbst dann ist sein Wille längst nicht befriedigt, weil der Schurke ihm nach Wittenberg entkommt und der Konflikt dort in eine neue Runde eintritt. Zu viel Zufriedenheit ist schlecht für die Spannung. Der Drang der Figuren muss erhalten werden oder sich wenn ein Ziel erreicht ist in eine neue Sehnsucht transformieren.
Jeder, der schon einmal eine Serie oder einen Film gesehen hat, ist heute mit einer der effektvollsten Erzähltechniken zur Aufrechterhaltung der Spannung vertraut: Eine Geschichte wird in verschiedene Handlungsstränge aufgeteilt, die parallel erzählt werden, indem wir zwischen ihnen hin und her springen. Wir treiben die Handlung im einen Strang ein Stück weiter und genau im richtigen Moment, wenn sich ein wichtiges Ereignis oder die Auflösung eines Konflikts andeutet, springen wir zum anderen Strang. Wenn wir danach wieder zu unserem „Cliffhanger“ zurückkehren, haben wir mehrere Möglichkeiten anzuknüpfen. Entweder wir zögern das versprochene Ereignis noch weiter hinaus, oder wir bieten eine gewisse Auflösung, aber lassen daraus sofort den nächsten Konflikt entstehen. Es ist in Ordnung, wenn wir in einem der Stränge eine vorübergehende Entspannung zulassen, denn der Leser ist noch durch die ungelösten Konflikte der anderen Stränge an unsere Geschichte gefesselt. So lässt sich durch den ständigen Wechsel die Spannung beliebig lange halten.
Ein besonderer Reiz dieses Schemas liegt natürlich darin, dass die verschiedenen Stränge sich an bestimmten Stellen der Erzählung gegenseitig berühren und neu formieren können. Ein Meisterwerk, das stark von dieser Erzähltechnik profitiert und sie vielleicht besser umsetzt, als irgendein anderes Werk, ist Tolstois Roman „Krieg und Frieden“. Die Handlung verläuft in parallel erzählten Lebenswegen der Protagonisten, die sich immer wieder kreuzen wenn die Figuren sich unter verschiedenen Umständen begegnen und wieder auseinandergehen.
In anderen Konstruktionen begegnen sich die einzelnen Stränge nie, sondern bleiben separiert, aber stehen zu einander in Beziehung. Ein Beispiel ist Francis Ford Coppolas Film „Der Pate Teil II“ („The Godfather Part II“). Der Film erzählt parallel den Aufstieg von Vito Corleone zum mächtigen Mafia-Patriarchen, und den Versuch seines Sohnes Michael, die Macht des Mafia-Clans nach Vitos Tod zu erhalten. Es sind zwei separate Geschichten, aber erst die parallele Erzählweise und der der Wechsel zwischen ihnen verleiht dem Film seine besondere Dynamik. Die Verbindungen, die man zwischen Vater und Sohn zu erkennen glaubt, ergeben eine zusätzliche Tiefe und ohne sich zu überschneiden, bereichern die Stränge sich gegenseitig. Dasselbe gilt auch für Haruki Murakamis Roman „Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt“. Hier ist das Konzept der separierten Handlungsstränge auf die Spitze getrieben. Es werden parallel zwei Geschichten erzählt, die jeweils in mehr oder weniger absurden Fantasiewelten spielen und anscheinend überhaupt nichts mit der anderen zu tun haben. Es entsteht so allein durch die Trennung und Parallelität eine zusätzliche Spannung, weil man sich immer fragt, ob die rätselhaften Ereignisse im einen Erzählstrang nicht doch durch die Handlung des anderen Stranges beeinflusst werden und diese sehr verschiedenen Welten vielleicht irgendwie mit einander verbunden sind.
10. Den Leser überraschen
Es gibt gute Gründe, wichtige Ereignisse in unserer Handlung nicht aus heiterem Himmel auftreten zu lassen, sondern sie zu motivieren und vorher anzudeuten. Wenn wir es damit aber übertreiben und alles eine logische Konsequenz des bisherigen Verlaufs und der bekannten Eigenschaften der Figuren ist, kann die Geschichte vorhersehbar und langweilig werden. Hin und wieder sollte etwas passieren, womit niemand gerechnet hat. Im Idealfall gelingt es, den Leser mit einer Überraschung wach zu rütteln, die, obwohl sie unerwartet kommt, trotzdem im Nachhinein plausibel ist.
Ein berühmtes Beispiel ist das Ende des Films „The sixth sense“. Der Zuschauer wird hier mit einer Enthüllung überrumpelt, die alles in einem anderen Licht erscheinen lässt. Die Überraschung ist allerdings so gut motiviert, dass man sich fragt, warum man sie nicht kommen gesehen hat.
Auch die kleineren Überraschungen können eine Erzählung interessanter machen. Es gibt eine Szene in „Der große Gatsby“, in der der Erzähler auf einer von Gatsbys Parties herumirrt und den Gastgeber sucht, um sich bei ihm für die Einladung zu bedanken. Da er ihn noch nie gesehen hat, spricht verschiedene Leute an, die er irrtümlich für Gatsby hält. Irgendwann gibt er die Suche auf und setzt sich zu einer Gruppe von Gästen. Nach einer Weile ergibt sich aus dem Gespräch, dass es sich bei dem unscheinbaren Mann, mit dem er sich nun die ganze Zeit unterhalten hat, um Gatsby handelt. Die Wendung spielt für den Plot eigentlich keine Rolle, aber sie hebt elegant den Moment hervor, in dem diese beiden wichtigen Figuren einander zum ersten mal begegnen.
Um Überraschungen zu kreieren, muss es erlaubt sein, sich ein Stück weit über Wahrscheinlichkeit und Rationalität der Handlung und über Charaktereigenschaften der Figuren hinweg zu setzen. In Prousts „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ gibt es an einer Stelle eine wichtige männliche Figur, die sich in einer sehr komplizierten und schädlichen Liebesbeziehung befindet. Der Mann begreift nach und nach, dass er von seiner Partnerin manipuliert und hintergangen wird. Die Situation spitzt sich zu, eine schwerwiegende Entscheidung steht bevor, und gerade als man überzeugt ist, dass er sich jetzt von der langjährigen Freundin trennen wird, heiratet er sie.
Die Entscheidung erscheint zwar irrational und steht im Widerspruch zur bisherigen Handlung und zu Motiven der Figur, aber sie wirkt trotzdem realistisch. Sie lässt die Figur sogar als rätselhafter und tiefer erscheinen. Ähnlich wie die überflüssigen Details erzeugt sie zusätzliche Wirklichkeitsnähe. Ich denke, es ist oft eine ungerechtfertigte Befürchtung, dass überraschende Ereignisse vom Leser als unrealistisch empfunden werden. Die Wirklichkeit selbst ist oft überraschend und absurd. Ein Roman sollte es deshalb zu einem gewissen Grad ebenfalls sein.
11. Alle Regeln brechen
Ich habe die obigen Regeln in verschiedenen Büchern über das kreative Schreiben gefunden und ich bin überzeugt, dass sie in den meisten Fällen sehr nützlich sind und man viele Fehler vermeidet, wenn man sich an sie hält. Der letzte schwere Fehler, den man allerdings machen kann, ist meiner Meinung nach, sich immer an diese Regeln zu halten. Es gibt garantiert eine Geschichte, in der man die Füllwörter „irgendwie“ und „sozusagen“ nicht streichen sollte, in der „tell, don’t show“ gilt, in der Details und Eisbergspitzen deplatziert wären, in der Stillstand erwünscht und Klischees willkommen sind, in der willenlose Figuren herumlaufen, die keine eigene Sprechweise besitzen, in der Spannung keine große Rolle spielt und Überraschungen nur stören würden. Wir haben die künstlerische Freiheit, all das auszuprobieren. Diese Freiheit sollten wir uns nicht von der Ratgeberliteratur und weder von selbsternannten noch tatsächlichen Experten des kreativen Schreibens nehmen lassen.
Der Sinn der Ratgeber und der obigen Regeln ist, dass wir uns beim Schreiben manches bewusst machen: welche Formulierungen wir benutzen, wie wir die Figuren auftreten lassen und die Handlung strukturieren. Wir nehmen das Schreiben als Handwerk ernst und nehmen auf gewisse Aspekte der Erzählung bewusst Einfluss, die wir anderenfalls unbewusst unserem „Talent“, also dem Zufall überlassen hätten. Ein literarischer Text kommt aber nur dann zustande, wenn es neben der bewussten, handwerklichen „Arbeit am Text“ auch eine andere Komponente gibt, die wir nicht aus Regeln lernen und hervorbringen können, nämlich die originelle Idee, die Inspiration. Es mag vorkommen, dass handwerkliche Grundsätze und einschränkende Regeln die Phantasie beflügeln und die richtigen Ideen begünstigen, aber sicher ist es häufiger der Fall, dass das angestrengte Grübeln unter Berücksichtigung sämtlicher erlernter Prinzipien des Schreibens nicht zum genialen Einfall sondern zur Schreibblockade führt.
Um das zu vermeiden, hier eine letzte Faustregel: Man nehme die Regeln der Ratgeber sehr ernst und lese sie gründlich. Dann lege man sie wieder bei Seite. Wenn man sie alle schon fast vergessen hat ist es der richtige Zeitpunkt, mit dem Schreiben anzufangen.
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